Beruf mit Zukunft: Kunststofftechnologe/-technologin

Laut einem Artikel in der Kunststoff-Fachzeitschrift K-Zeitung, der sich auf eine Prognos-Studie beruft, sind Fachkräfte in der Kunststoffverarbeitung gefragt. Unser Ausbildungsleiter stellt im Interview die Zukunft von Kunststoff- und Kautschuktechnologen vor.

Laut einem Artikel in der Kunststoff-Fachzeitschrift K-Zeitung, der sich auf eine Prognos-Studie beruft, sind Fachkräfte in der Kunststoffverarbeitung gefragt, während Jobs in anderen Berufsfeldern rückläufig sind. Doch welche Fachkräfte werden hier eigentlich benötigt? Der entsprechende Beruf ist der Kunststoff- und Kautschuktechnologe mit einer zugrundeliegenden dreijährigen Ausbildung, die wir auch bei RKT anbieten. Unsere Blog-Redaktion hat unseren Ausbildungsleiter im Bereich Kunststofftechnik, Max Six, gebeten, einmal zu erklären, was ein Kunststoff- und Kautschuktechnologe eigentlich macht und welche Möglichkeiten das Berufsbild später bietet.

Herr Six, die Kunststoff-Fachzeitschrift K-Zeitung zitiert eine Prognos-Studie im Auftrag des Verbands der Automobilindustrie, die davon ausgeht, dass die Nachfrage nach Kunststoffexperten steigen wird, während z. B. Jobs in anderen Berufsfeldern wie Metallbearbeitung, Produktionsplanung oder Lagerwirtschaft in Gefahr sind. Können Sie diese Entwicklung in Ihrem Bereich bestätigen?

Max Six: Die Nachfrage nach Kunststoffexpertise wird deutlich steigen, davon gehen wir ebenfalls aus. Das hat mehrere Gründe. Zum einen sind Bauteile aus hochwertigem Kunststoff immer gefragter. Sie sind leicht und kompakt, präzise formbar und recht kosteneffizient in großer Anzahl herstellbar. Zum anderen sind die Aufgaben in der Kunststoffverarbeitung immer spezialisierter, sodass Fachkräfte benötigt werden. Wir stellen deutlich weniger ungelernte Produktionsmitarbeiter ein, da durch die Tiefe unserer Wertschöpfungskette in der Herstellung von Medizintechnikprodukten viele verschiedene Prozessschritte zu absolvieren sind, die nur mit Know-how und Erfahrung geleistet werden können: Design-Entwicklung, individueller Formenbau, Spritzguss, Befüllung und Montage bis hin zu Verpackung und Versand. Die Kunststoffverarbeitung ist innerhalb der RKT der größte und am schnellsten wachsende Bereich.

RKT hat wie viele andere Ausbildungsunternehmen mit Nachwuchssorgen zu kämpfen. Während sich jedoch unter Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker oder Elektroniker viele Schulabgänger etwas vorstellen können, ist der Kunststoff- und Kautschuktechnologe womöglich weniger bekannt?

Max Six: Das ist richtig. Wenn wir auf Ausbildungsmessen unseren Berufszweig vorstellen, ist das für die Jugendlichen Neuland. Das liegt unter anderem an der starken Metallbranche hier in der Region Cham. Schülern, die eine Ausbildung planen, sind die metallverarbeitenden Unternehmen mit ihren Ausbildungsmöglichkeiten ein Begriff, Kunststoffverarbeitung dagegen weniger. Wenn wir aber am Messestand ins Gespräch kommen, sind die Jugendlichen oft überrascht, wo Kunststoff überall eingesetzt wird, welche Teile und Produkte wir herstellen. Wenn wir erläutern, dass wir Werkzeuge für die Produktion von Mascarabürstchen oder therapierelevante Bauteile für Krebstherapien fertigen, können wir mit unserem Kunststoffspritzguss punkten und das Interesse wecken.

Ein weiterer Grund für die fehlende Bekanntheit unseres noch recht jungen Berufs ist die mehrfache Umbenennung. Aus dem ursprünglichen Kunststoffformgeber wurde Mitte der 1990er Jahre der Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik und daraus im Jahr 2023 der Kunststoff- und Kautschuktechnologe.

Welche Gründe gab es für die Umbenennungen?

Max Six: Wie bei uns im Unternehmen ist es auch branchenweit so, dass die Wertschöpfungskette in der Kunststoffverarbeitung immer umfangreicher wird. Es kamen und kommen weitere Prozessschritte und damit Ausbildungsinhalte hinzu: Robotik, Maschinensteuerung, Programmierung, aktuell Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Das Thema Digitalisierung wird beispielsweise durch die neu angebotenen Zusatzqualifikationen „additive Fertigungsverfahren“ und „Prozessintegration“ abgedeckt. „Nachwachsende Rohstoffe“ und „Recycling“ gehören zum Themenfeld Nachhaltigkeit.

Welche Aufgaben hat ein Kunststoff- und Kautschuktechnologe konkret?

Max Six: Unsere Fachrichtung bei RKT ist die Herstellung von Formteilen, d. h. wir verarbeiten thermoplastische Kunststoffe im Spritzgussverfahren vornehmlich für die Medizintechnik – dies ist sicherlich das am meisten verbreitete Verarbeitungsverfahren für Kunststoffe.

Zu den Tätigkeiten eines Kunststofftechnologen gehören bei uns handwerkliche Aufgaben wie das Rüsten einer Spritzgießmaschine oder die Wartung einer Spritzgießform, aber auch die Programmierung der Maschinensteuerung, die Analyse von Maschinenproblemen oder die Qualitätskontrolle der Formteile – dazu gehören z. B. Pens und Insulinnadeln für die Diabetestherapie oder Testkartuschen für den Nachweis von Krankheitserregern.

Insgesamt öffnet sich in der Kunststoffverarbeitung ein sehr vielfältiges Aufgabenfeld, das sich in sieben verschiedene Fachrichtungen aufgliedert, die vom Windradflügel bis zur Kautschukmischung die ganze Bandbreite des Kunststoffwerkstoffs abdecken. Dazu zählen Compound- und Masterbatch-Herstellung, Faserverbundtechnologie, Formteile, Halbzeuge, Kunststofffenster, Mehrschichtkautschukteile und Bauteile.

Was sollte ein angehender Azubi zum Kunststofftechnologen mitbringen?

Max Six: Das Schöne an unserem Beruf ist, dass wir vielseitig sein dürfen. Im Laufe einer Arbeitswoche wechseln sich handwerkliche Aufgaben mit der Bedienung oder Programmierung von Anlagen ab, bis hin zum Qualitätsmanagement. Wer eher vielseitig interessiert ist, einen guten Quali oder mittleren Schulabschluss vorweisen kann, ist in der Ausbildung zum Kunststofftechnologen gut aufgehoben. Und falls es schulisch bisher nicht immer geklappt hat, das Interesse an unserem Aufgabenfeld aber vorhanden ist, freuen wir uns dennoch auf eine Bewerbung.

Welche Möglichkeiten und Aufstiegschancen bieten sich nach erfolgreicher Beendigung der Ausbildung? Und was verdient ein Kunststofftechnologe durchschnittlich?

Max Six: Mit Übernahme in unseren Betrieb – die bei guten Leistungen die Regel ist – arbeiten viele Kunststofftechnologen zunächst in der Fertigung, übernehmen die Erstinbetriebnahmen, fahren Anlagen und Werkzeuge ein. Sie sind hier das Bindeglied zwischen Formenbauer, Konstruktion und Kunde, stimmen die Qualität der ersten gefertigten Teile ab, justieren nach und sorgen so für eine gut funktionierende Anlage. Hier sind Leitungsstellen wie der Schichtführer möglich. Wer sich weiterqualifizieren möchte, kann die Fortbildung zum Techniker draufsatteln und später z. B. in der Konstruktion, in der Qualitätssicherung oder auch im Vertrieb arbeiten.

Aktuell beschäftigen wir 23 von uns ausgebildete Kunststoff- und Kautschuktechnologen in Fertigung, Konstruktion, Qualitätsmanagement und Vertrieb. Der „Dienstälteste“ unter ihnen hat 1988 seine Ausbildung zum damaligen Kunststoffformgeber begonnen. Bis ins Jahr 2001 zurück haben wir in diesem Berufsbild 58 Männer und Frauen ausgebildet; derzeit sind es zwei Azubis.

Die Vergütung für ausgebildete Kunststoff- und Kautschuktechnologen entspricht dem Tarif der IG BCE (Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie).

Ist bei Ihnen neben der Fachausbildung auch ein Quereinstieg in die Kunststofffertigung möglich?

Max Six: Der Quereinstieg ist eine gute Möglichkeit, bei RKT anzufangen – das gilt vor allem für Personen, die aus anderen technischen Berufen, wie Schreiner oder Mechaniker, kommen. Diese können bei uns eine auf zwei Jahre verkürzte Ausbildung zum Kunststofftechnologen absolvieren. Auf diese Weise bin ich selbst zu RKT gestoßen. Ich war ausgebildeter Landmaschinentechniker und habe 1996 die Umschulung zum damaligen Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik bei RKT begonnen.

Die Anzahl der Jobs für ungelernte Kräfte sinkt dagegen deutlich; die komplexen Prozesse verlangen einfach Fachkenntnis.

Wie können sich Jugendliche bei Ihnen für eine Ausbildung bewerben?

Max Six: Auf unserer Webseite gibt es viele Informationen zu unseren verschiedenen Ausbildungsberufen: https://www.rkt.de/karriere/ausbildung/ .
Hier können sich Interessenten auch direkt online bewerben. Wer sich persönlich informieren möchte, kann gerne zum Telefon greifen und nach mir fragen und auch einen Vor-Ort-Termin vereinbaren.

In den Beruf hineinzuschnuppern ist übrigens jederzeit mit einem Praktikum möglich, da sind wir absolut flexibel. Wer unsicher ist, ob der Kunststofftechnologe ein passender Beruf ist, kann einfach z. B. in den Ferien eine Woche bei uns im Betrieb verbringen und Tätigkeiten und Abläufe kennenlernen.

 

Weitere Beiträge

Blog

Spritzgusswerkzeuge für Mascara-Bürsten

Hinter den unscheinbaren kleinen Bürsten, die in unterschiedlichsten Formen in Kosmetiktäschchen weltweit zu finden sind, steckt ein komplexer Produktionsprozess, der…
Blog

Verhalten im Reinraum

In unserer Reinraum-Reihe schauen wir heute auf die Personen, die im Reinraum arbeiten, und auf die Anforderungen und Verhaltensweisen, die…
Blog

Solo-Dienstleistung Werkzeugerstellung

Als Spritzgussunternehmen fertigen wir vielfältige Produkte und Komponenten aus Kunststoff, die im Medizintechnikmarkt zum Einsatz kommen. Sämtliche Bauteile erfordern spezifische…
Blog

RKT ist ISCC-PLUS-zertifziert

Ein Kundenprojekt gab den Anstoß: Seit Anfang 2024 führen wir das ISCC-PLUS-Label für zertifizierte Kreislaufwirtschaft und Bioökonomie in der gesamten…
Blog

Reinraum-Reihe

Mit einer kleinen Beitragsreihe rund um unsere Reinraumproduktion möchten wir in den Herbst starten. Aufgrund unserer Fokussierung auf den Medizinsektor…
Blog

Sprinklertank

Wenn es um Nachhaltigkeit und durchdachte Konzepte für umweltschonendes und gleichzeitig wirtschaftliches Handeln geht, sind wir von RKT besonders umtriebig.…
Blog

Initiative unserer Belegschaft

Unser Jubiläumsfest am 21. Juli war ein voller Erfolg und hat Gästen wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterhaltsame Stunden beschert. Durch…
Blog

In 8 Schritten zur Serienproduktion

Die gute Idee ist da, ein Prototyp vielleicht auch schon vorhanden, nur wie gelingt jetzt die Umsetzung in größere Stückzahlen? Start-up-Unternehmen fehlt es oft an Know-how über industrielle Fertigungsprozesse. Wie Firmen ihre Produktidee sinnvoll skalieren und in eine stabile Serienproduktion überführen können, skizzieren wir in diesem Beitrag in acht Eckpunkten.

Kunststoffe in der Medizintechnik
Blog

Kunststoffe in der Medizintechnik

Kunststoff ist in der Medizintechnik ein gefragter Werkstoff. Doch Kunststoff ist nicht gleich Kunststoff. Je nach Anwendungsbereich (z. B. Verpackungsprodukte, äußere Bauteile von Medizinprodukten, Bauteile für Diagnostik oder Therapie) gibt es verschiedene Regularien und Zulassungen für Kunststoffe, die unter sogenannten Medical Grades geführt werden.