In unserer Reinraum-Reihe schauen wir heute auf die Personen, die im Reinraum arbeiten, und auf die Anforderungen und Verhaltensweisen, die sie erfüllen müssen.
Bei uns gibt es sowohl ISO-8- als auch ISO-7-Reinraumbereiche, die zusätzlich auch GMP-Anforderungen bzgl. Keimfreiheit erfüllen müssen. Die Arbeit im Reinraum erfordert stets ein der ISO-Klasse zugrundeliegendes Bekleidungs- und Schulungskonzept sowie entsprechende Verhaltensvorschriften. Dadurch, dass der Mensch immer das größte Kontaminationsrisiko in einem Reinraum darstellt, wird grundsätzlich versucht, möglichst viele Prozesse automatisiert ablaufen zu lassen und nur die nötigsten Handgriffe von Menschenhand zu verrichten.
Hohe ISO-Klasse = strenge Anforderungen
Je höher die Reinraumklasse festgelegt ist, desto strenger sind auch die Bekleidungs- und Verhaltensvorschriften. Geregelt sind diese Vorgaben in der Reinraumnorm DIN EN ISO 14644. Für unsere ISO-8-Bereiche sind die Bekleidungsregeln wie folgt: Mantel über der eigenen Kleidung, Überziehschuhe oder Reinraumschuhe sowie eine Haube als Haarschutz und einen Bartschutz, wenn nötig. Begonnen wird oben mit der Haube; den Abschluss bilden die Schuhe, bevor sich die Person über eine sogenannte Sit-over-Bank innerhalb der Personalschleuse auf die reine Seite der Schleuse begibt. Es sollen möglichst wenig Partikel in den ISO-8-Reinraum gelangen. Beim Übergang in unsere ISO-7-Reinräume ziehen die Vorschriften deutlich an: Erforderlich ist ein Ganzkörper-Overall mit abschließenden Bündchen an Armen und Beinen, damit keine Partikel nach außen dringen können, ebenso Haube, Mundschutz, Reinraumschuhe und Handschuhe, die über die Anzugbündchen gezogen werden müssen. Beim Anziehen des steril verpackten Overalls darf dieser auf keinen Fall auf den Boden gelangen und nur von innen berührt werden, damit keine Partikel auf die Außenseite gelangen. Wichtig ist auch die Wechselfrequenz der Kleidung. So werden z. B. Overalls für den ISO-7-Reinraum nach jedem Tragen wieder gereinigt und aufbereitet, ISO-8-Mäntel können noch einmal verwendet werden.
Individuelle Risikobeurteilung für jedes Produkt
Abgesehen von diesen allgemeinen Bekleidungsregeln, die in der Norm festgelegt sind, erfolgt für jedes Produkt, das in einem Reinraum gefertigt wird, eine spezifische Risikobeurteilung, um zu eruieren, welche Maßnahmen, Bekleidungs-, Verhaltens-, Schulungs- und Reinigungskonzepte jeweils zusätzlich nötig sind. Wenn das Endprodukt z. B. direkt mit dem Patienten in Kontakt kommt, sind strengere Vorkehrungen erforderlich.
Schnelle Bewegungen vermeiden
Neben der passenden Kleidung kommt es im Reinraum auch auf geschultes Verhalten an. Im Reinraum sollten generell keine schnellen, hektischen Bewegungen ausgeführt werden, um keine Partikel aufzuwirbeln. Es sollten möglichst wenige Gespräche geführt werden, und Niesen oder Husten ist nur in der Armbeuge erlaubt bzw. wenn möglich außerhalb des Reinraums. Wenn Mitarbeiter jedoch erkältet sind, dürfen sie für die Dauer ihrer Erkrankung nicht im Reinraum arbeiten. Ebenso dürfen bei manchen Produkten, z. B. Testkartuschen für bestimmte Erreger, Personen, die diesen Erreger in sich tragen, nicht am Fertigungsprozess im Reinraum mitwirken, um keine falsch-positive Produktcharge zu produzieren (Beispiel: PCR-Tests für den Nachweis von SARS-CoV-2-Erreger).
Regelmäßige Pflichtschulungen
Grundsätzlich gibt es technische Zugangshürden zu unseren Reinraumbereichen: d. h. nur geschulte Mitarbeiter können über ihren Chip die ISO-7-Räume betreten und auch einige ISO-8-Bereiche haben Zugangsvoraussetzungen.
Schulungen finden in festgelegten Intervallen statt. Das ist zum einen in der Norm geregelt, zum anderen wird dies in der jeweiligen Risikobeurteilung eines Produkts spezifiziert. Dazu zählen die Erstschulung, wenn neue Mitarbeiter im Reinraum zu arbeiten beginnen, daneben Hygieneschulungen, Reinigungsschulungen sowie GMP-Schulungen für Produkte, bei denen es neben Partikel- auch auf Keimfreiheit ankommt.
Reinraumreinigung
Auch wenn vermeintlich kein Schmutz zu sehen ist, müssen die Reinräume nach ebenfalls individuell festgelegten Intervallen gereinigt werden. Dazu gibt es spezielle Reinigungsmittel, -utensilien und -techniken. Je nach Anforderung sind bei uns externe Dienstleister im Einsatz, die in den Reinräumen nach einem festen Reinigungsplan allgemeine Flächen bearbeiten, während unsere eigenen Mitarbeiter insbesondere die Anlagen im Reinraum reinigen, bei denen Fingerspitzgefühl für die Anlagenteile und Funktionalitäten gefragt ist. Für die großen ISO-8-Flächen setzen wir auf einen routinierten Kollegen, bei dem Partikel keine Chance haben: unseren Reinigungsroboter.
Alles eine Frage des gesunden Menschenverstands
Was insgesamt nach strenger Reglementierung und komplizierten Vorschriften klingt, so betonen es unsere Leiterin der Qualitätssicherung, Dr. Sabine Feicht, und unser Technischer Leiter Josef Hofmann, ist eigentlich vor allem eine Frage des gesunden Menschenverstands, wie z. B. bei Erkrankung nicht zu arbeiten. Mitarbeiter verinnerlichen sehr schnell, wie sie einen Partikeleintrag in die Reinräume vermeiden und auch unter besonderen Bedingungen hochwertige Medizinprodukte herstellen.